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Alle Kandidaten wollen die Bahn

5 Personen am Bahnhof halten ein Bahnsignal
Zur jüngsten Demonstration für die Südbahn in Lübz kamen auch Bürgermeister-Kandidaten aus Lübz, Plau am See und Parchim

Bürgermeister und Anwerber aus Lübz, Plau am See und Parchim bei jüngster Demonstration von „ProSchiene“

Zur jüngsten Demonstration der für den durchgängigen Erhalt der Südbahn kämpfenden Bürgerinitiative (BI) „ProSchiene“ am Freitagabend auf dem Lübzer Bahnhof – „Rote Laterne“ genannt – hatte sie dieses Mal auch die zur Bürgermeisterwahl im April in unserer Region antretenden Kandidaten eingeladen. Dann geschah, womit kaum jemand gerechnet hatte: Aus Lübz kamen beide (Amtsinhaberin Gudrun Stein und Astrid Becker), aus Plau am See ebenfalls zwei (Amtsinhaber Norbert Reier und Herausforderin Anke Pohla, Marco Rexin hatte sich entschuldigen lassen), und mit Dirk Flörke überreichte BI-Sprecher Clemens Russell Fragenkomplexe, die sie innerhalb der kommenden vier Wochen beantworten sollen. In ihnen geht es vor allem darum, was die Amtsinhaber und neuen Kandidaten glauben, für den Erhalt der Bahnlinie tun zu können. Dabei sei sich Russell durchaus der begrenzten Möglichkeiten auf lokaler Ebene bewusst.

Reier zufolge stecke man bei der Südbahn in einer „heiklen Situation“, in der wesentlich mehr Dinge als der Zug allein zu bedenken seien. Über den Punkt hinaus, dass sich der Bürgermeister insgesamt mehr Interesse von der Bevölkerung an dem Verfahren wünsche, plädiere er dafür, beim Ringen um den Erhalt keinen Keil zwischen Landrat, Kreistag und Gemeinden zu treiben: „Gehör verschafft man sich nur mit Gemeinsamkeit. Unabhängig davon ist es grundsätzlich wichtig, dass die Südbahn erhalten bleibt, und deshalb freue ich mich über diese Bürgerinitiative. In Plau haben wir die Schließung schon 1996 erlebt und überaus wenig Gehör gefunden. Auch ich sehe das Problem, dass bei einer Teilschließung in vier oder fünf Jahren die gesamte Strecke folgen könnte.“

Anke Pohla beurteilt vor allem die Taktung kritisch, also die Verbindung zwischen Bus und Bahn, und merkt an, dass es schwer werde, alle beteiligten Unternehmen an einen Tisch zu bekommen. „Eine Welt ohne Bahn kann aber auch ich mir nicht vorstellen“, so die Kandidatin. „Und kontroverse Diskussionen gehören konstruktiv geführt.“

Lübz’ Bürgermeisterin Gudrun Stein ging unter anderem auf das von Bahn-Kritikern immer wieder angeführte Argument ein, dass die Bahn nur mit genügend Passagieren funktioniere: „Sie sind da, nur nicht auf einmal. Und im mittlerweile wichtigen Medium Internet ist diese Verbindung alles andere als gut zu finden. Wir bringen die Südbahn auch in Schulen und Vereinen zur Sprache, aber ein Bürgermeister allein kann natürlich nichts bewirken.“ Auf die Frage, ob es eine Chance für den Bau einer Bushaltestelle direkt am Lübzer Bahnhof gebe, um beide Verkehrsmittel besser zu vernetzen, antwortete Gudrun Stein, dass bereits die Förderung abgestimmt werde.

Astrid Becker zufolge dürfe sich Lübz nicht abhängen lassen. Wenn die Mobilität verloren gehe, „bricht auch alles andere weg“. Nicht zuletzt durch ihre Tätigkeit im Lübzer Sportverein wisse sie, wie viele junge Leute die Bahn nutzen – nicht nur, um zur Berufsschule nach Parchim, sondern zum Beispiel auch, um zur Disco nach Spornitz zu kommen.

Für Dirk Flörke stehe an erster Stelle, in einem Flächenland Mobilität zu gewährleisten. Wenn die Südbahn – wie geplant – zwischen Parchim und Malchow durch Busverkehr ersetzt wird, sei auch seine Stadt über kurz oder lang ein Endpunkt: „Ich weiß nicht, wo die Landespolitik hin will. Mir wird Angst.“ Die Rote Laterne als Sinnbild für das Ende solle weder hier noch dort hängen: „Meine Unterstützung haben Sie.“

Nach Aussage von Russell komme es fast einer Satire gleich, ausgerechnet den Südbahn-Abschnitt mit den meisten Passagieren schließen zu wollen. „Und wer hinsichtlich der an das Gegenteil glaubt, braucht sich von montagmorgens am Bahnhof nur selbst ein Bild zu machen.“ In der Regel sei kein Platz zu bekommen, alles sei gerammelt voll. „Schon 2014 haben wir den Vorschlag eingereicht, dass – wenn die Südbahn in Lübz hält – Passagiere sofort mit einem schon bereitstehenden Bus nach Plau fahren können. Ohne damit langfristig auf die Wiedereröffnung der Strecke Karow–Meyenburg verzichten zu wollen. Und zur immer wieder angesprochenen Finanzierung: Wie wäre es zum Beispiel damit, die Taktzahlen der S-Bahn in Rostock zu verändern, wodurch man viele 100.000 Euro gewinnen könnte?“

geschrieben am 03.03.2015 von Ilja Baatz in SVZ